Still war es hier in den letzten zwei Wochen. Ich war weit fort. Dort ungefähr:
Kein Außen, sondern ein Innen – winzig und trotzdem ohne Grenzen. Der kleine wilde Fluss ist sehr alt – ich habe ihn im Kunstunterricht gesehen, ganz plötzlich, in einer Schale mit eingetrocknetem Gips. Er war ganz genau so einfach da, nur unbemalt, unbelebt und somit fast unsichtbar, und fast hätte er im Müll geendet. Stattdessen habe ich ihn aus der Gummischale gelöst, heimgetragen und sichtbar gemacht.
Manchmal vergesse ich im Gewusel, wie das so ist. Wenn Dinge einfach sind, wie sie sind, ganz in sich stimmig, ohne dass man viel zu ihnen beitragen muss – außer: hinschauen. Sehen, was nicht gleich offensichtlich ist. Um ehrlich zu sein, vergesse ich das sogar recht oft. Diese kleine Szene, diese winzige Wildnis, erinnert mich seit Jahren regelmäßig und zuverlässig daran. Sie war schon da, ich musste sie nur sehen. Ein wenig Farbe, eins der winzigen Pferde, die ich mal im Fachhandel für Modellbau gesehen habe und unbedingt mitnehmen musste (es ist nur wenige Millimeter hoch), ein Baum aus Zahnstocher und Taschentuch (zugestanden, das ist wenig edel, aber hey – ich war noch ein Kind, und immerhin habe ich kein Klopapier genommen!). Ich habe mich seither so oft in dieser winzigen Wildnis verloren – höre die Stromschnellen rauschen, überlege, wie ich über den Fluss komme, liege warm und sonnendurchglüht auf der Blumenwiese und schaue dem Pferd dabei zu, wie es friedlich grast. So viel Wildheit, so viel Frieden, und alles passt ganz bequem in eine Hand.
Ja, dort war ich in den letzten zwei Wochen – bis über beide Ohren in Arbeit versunken und glücklich. Fast finde ich es schade, dass mir ein Wortspiel bewusst geworden ist, ein Zusammenhang: Das entscheidende Element dieser winzigen Wildnis ist der Fluss, und den Zustand, in dem die Arbeit so leicht von der Hand geht und einen mit Summen und Tosen erfüllt, nennt man den Flow – den Fluss. Macht irgendetwas auf der Welt glücklicher? Mich nicht.
Allerdings macht mich vieles anderes auch glücklich. Zum Beispiel, dass ich mit diesem uralten kleinen Exponat, das mir so irritierend viel bedeutet, endlich mal wieder meine Lieblingsrunde abreiten kann – auf zu Nina, auf zu den Alltagshelden bei Ninotschka, auf zum Creadienstag! Und euch eine schöne, glückliche Woche, in der ihr euren ganz eigenen Fluss in euch rauschen hört – und Zeit dafür findet oder sie euch nehmt, hineinzutauchen.
Die Raumfee sagte:
Die tollen Welten, die Abentuer, die Krimis, die Heimatfilme und die Idylle, die sind alle schon da… man muss sie nur entdecken. Das geht hervorragend in den kleinen Welten. Ich erinnere mich an eine Kristalldruse, den ich als Kind gefunden habe. Ganz sicher war ich mir, dass das da drin eine verkleinerte Welt ist und die Bewohner sich nur grade nicht zeigen. Leidre ist sie verlorengegangen. Wie schön, dass du deinen Schatz bewahrt hast.
Herzlich, katja
Fräulein Rucksack sagte:
Oh wie schön dass ich hier gelandet Bild. Dieser Held, der ist so wertvoll!
Lieben Gruß. Ich bin ganz berührt.
Nina sagte:
Ach. Die Wildnis in einem Gipsrest, das ist so eine kindliche Tugend. Zu sehen, was dem eiligen, erwachsenen Auge unsichtbar bleibt. Und glaub es oder nicht, durch das wilde Herumgeknipse mit Handy und Kamera (bedingt durch Blog und Instagram) kommt es wieder. Lange verloren. Und ich kann meinen Kindern die Schönheit des in Scheiben geschnittenen Salatkopfes nahebringen, das macht froh. Mich vor allem, sie essen ihn immer noch nicht.
Wie wundervoll es ist, hier zu lesen und Deinen Gedanken zu lauschen.
Dankeschön.
Geherzt von Nina
ninotschka sagte:
stimmt. wird schwierig dieses teil anzuziehen… höchstens um den hals hängen wäre eine möglichkeit um es immer bei dir zu haben. aber als „rumsteherlie“ wahrscheinlich einfach am schönsten!
mme ulma sagte:
so schön, so poetisch, so richtig, so gut, so wahr. glückliches fließen!
ars pro toto sagte:
Der Flow – wie Nina sagt: Eine kindliche Tugend. Mitreißend. Buchstäblich. Ich kann nicht wie Kinder 50-100x am Tag eintauchen. Aber ich kenne das Gefühl gut, kann mich verlieren. Nichts macht glücklicher.
Herzliche Grüße!
klippspringer sagte:
Ach, ihr! Ihr macht auch glücklich. Mich jedenfalls. Auch wenn ich euch keine Gipsrestplastik widmen werde, fürchte ich, allein schon aus so unfassbar vollständigem Mangel an jedweder Idee, wie um Himmels willen die aussehen sollte! 😀 Es ist unerwartet atemberaubend schön, über das Bloggen mit euch zu tun zu haben, die ihr so genau wisst, wie sich so etwas anfühlt, wo gar keine Erklärung nötig ist.
So, und jetzt trage ich meine Rührseligkeit heute mal VOR halb eins ins Bett. Nämlich jetzt. Ausnahmsweise artig.
Knicks und Kuss,
Maike
Polyxena1981 sagte:
Wunderschön
Liebste Grüße zu dir 🙂