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Meine Schwester eröffnete mir jüngst, dass sie es gar nicht langweilig findet, wenn ich ihr von meiner Arbeit erzähle. Auch wenn diese Arbeit ziemlich wenig hergibt, was Bilder betrifft, und ich auch nur bedingt im Detail etwas zeigen kann – ich bin Lektorin und Übersetzerin, und die Texte, mit denen ich arbeite, sind unveröffentlichte Manuskripte und entsprechend höchst vertraulich. „Macht nix“, sagte sie, „es ist TROTZDEM spannend!“
Und jetzt hat sie mir eine derart hinreißende Karte geschickt, die meinen momentanen Zustand so wunderbar illustriert (siehe Bild – momentan bin ich umzingelt von Deadlines und begraben unter Papierbergen, und der Hund ist ebenso empört wie der Blog, geht aber immerhin vor) – da eröffne ich doch einfach zum Dank hier und jetzt die neue Rubrik „Werkstattnotizen“, in der ich zukünftig kleine und größere Gedankenfetzen und -brocken aus meiner (meist sehr geliebten, übrigens) Schreibtischeinsamkeit hinauströten kann in einen kleinen Teil des virtuellen Dadraußens. Momentan und bis Mitte September nämlich bin ich noch derart eingespannt, dass ich vielleicht so arg viel mehr gar nicht schaffe – nicht, weil ich nicht mehr filze, das tu ich nach wie vor, aber im Augenblick sind all meine Gedanken von sechsundzwanzig Zeichen und einer Handvoll Sonderzeichen und Satzzeichen in unterschiedlichsten Kombinationen in Anspruch genommen. Ich werde sozusagen vom Alphabet in seiner vielfältigen Manifestationsfähigkeit mit Haut und Haar und jeder noch so kleinen Faser verschlungen.
So. Nach dieser Positionsbestimmung: Mir fallen immer wieder sehr wörtliche Übersetzungen und unnötig verrenkte Sätze auf, die einige sprachliche Möglichkeiten der sozusagen impliziten Positionsbestimmung nicht nutzen. Hier als nahezu aus der Luft gegriffenes Beispiel:
a light breeze, its source distant, further ahead
Da wäre eine gar nicht so untypische Übersetzung:
ein leichter Windzug, sein Ursprung in einiger Entfernung voraus
Gagack. Ohne auf etwas anderes einzugehen, hier nur:
ein leichter Luftzug, der ihm aus einiger Entfernung entgegenwehte
Entscheidend daran: das „entgegen“. Wenn mir etwas entgegenweht, kommt es nicht von hinten, nicht von der Seite und auch nicht schräg von oben – es kommt von vorn, also aus jener Richtung, die man gemeinhin auch als ahead/voraus bezeichnet. Diese Information lässt sich also ganz wunderschön ohne jedes Geschwurbel einfach so im Laufen mit einpacken. Auch die „source“ ist unsichtbar mit drin, denn die ist ja automatisch da, wo der Luftzug herkommt.
Schön! Ist das nicht schön? Ich freue mich stundenlang über so etwas. Euch allen ein schönes Wochenende, das uns ja inzwischen aus recht überschaubarer Entfernung entgegenweht!
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(P.S: Und warum ich das nicht beim Freutag verlinke, wurde ich gerade per Mail gefragt. Ja, warum eigentlich nicht? Mach ich. Dankeschön!)
knettycraft sagte:
Schön von Dir zu hören… eine spannende Arbeit hast Du da… wie schön so von Wortgeschwadern umgeben zu sein und diese in den rechten Rhythmus zu bringen. Ich merke immer wieder beim Lesen Deiner Beiträge, wie sehr mir im Alltag schöne und vollmundige Sprache verloren geht… bzw. in all dem ins umgebenden Geplapper untergeht – danke, dass Du dem etwas dagegensetzt.
made with Blümchen sagte:
Doch, ich kann Deine Begeisterung über gut formulierte bzw. schön übersetzte Sätze durchaus nachvollziehen. Ich habe jahrelang wissenschaftliche Manuskripte korrekturgelesen, tw. auch übersetze Manuskripte, aber ich war mir selten sicher, wie weit ich in das ursprüngliche Manuskript eingreifen darf, welche Freiheiten ich mir beim Umformulieren – wie du das hier machst – herausnehmen darf. Es waren auch meist private Auftraggeber und -innen, vielleicht ist das anders, wenn man für einen Verlag arbeitet? Vielleicht hätte ich es einfach besser vereinbaren sollen? Egal. Jetzt mache ich ganz andere Dinge, die ich ebenfalls gut kann, aber lieber mache. Schön, ein Lebenszeichen von Dir zu bekommen! Ich wünsche Dir einen guten, produktiven Sommer. lg, Gabi
Erdmute sagte:
Hallo, ich mag sooo sehr Deine Elefanten aus Filz. Kann man so einen auch bei Dir bestellen? Würde mich über Antwort auf Erdmutchen@gmx.net freuen 😉 Liebe Grüße Erdmute