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Der gestern geschnitzte Papageitaucher (im Englischen heißen sie Puffin – ist das nicht einer dieser kleinen delikaten Wirklichkeitsschnipsel, die beim Drandenken irgendwie mindestens nach frischgebackenen und puderzuckerüberstäubten Vanillekipferl aus der Küche der Lieblingsoma schmecken? Ich meine – Puffin? Really? Himmel, was ist die Welt oft großartig! Ich muss immer lachen und das Universum streicheln, wenn es mir einfällt) … also, wowarich? Der gestern geschnitzte Papageitaucher sehnt sich nach festem Boden unter den Füßen, nach kuschligem, behaglichem, heimatlichem, hm, Fels. Der schwebt nicht so gern da rum, im luftleeren Raum – dabei sind Papageitaucher trotz ihrer leicht pinguesken Optik nicht nur gute Schwimmer/Taucher und formidable Fischer, sondern auch erstaunlich passable Flieger. Viel passabler als ich jedenfalls, dabei habe ich schon viel und oft nach der Douglas-Adams-Methode trainiert (auf die Klappe fliegen, dabei aber den Boden verfehlen – der erste Teil klappt schon super). Sie erreichen im Flug Geschwindigkeiten von fast 90 Stundenkilometer. Denkt man nicht, wenn man sie so sieht – sie verwandeln sich in einen ganz anderen Vogel, sobald sie abheben.
Ich habe mich letzten Sommer in Island in sie verliebt. Dabei habe ich gar keinen gesehen (also doch, schon, aber nur fliegend und nicht aus allzugroßer Nähe). Trotzdem sind sie auf Island allgegenwärtig, sie sind sozusagen das inoffizielle Wappentier dieser … uff. Dieser Insel? Dieser Welt. Für mich ist Island keine Insel, sondern eine ganz eigene Welt. Ich habs immer noch nicht verdaut und verkraftet. Auf gute Weise. Wenn ich die Augen schließe, bin ich wieder da, und es nimmt mir den Atem. Fels und Wildheit und raue Kargheit und Schwefelwasser und lauter kleines Herumgemensche auf der Kruste eines Planeten, der so unendlich viel älter ist als wir. Auf Island verabredet man sich immer nur in Provisoriumsform, wenn es nicht gerade innerhalb Reykjavíks ist – man weiß ja nicht, ob es klappt, vielleicht steht der Wind zur angepeilten Zeit so, dass es das Auto von der Straße wehen würde? Also trifft man sich entweder jetzt gleich oder „wahrscheinlich dann und dann“. So, wie es im Grunde immer ist, weil man ja niemals wirklich sicher weiß – aber in Island ist das Alltag, man ist dicht dran an der eigenen Fliegenschissigkeit-im-Kosmos. Beängstigend und herrlich.
Zu meinem Erstaunen habe ich festgestellt, dass sich viele Leute wundern, dass es die Damen und Herren Fratercula arctica auch auf Island gibt. Arktis, denken die meisten, Grönland, Bäreninsel vielleicht noch. Aber in Wirklichkeit haben sie ein viel weiteres Verbreitungsgebiet – sogar an den Küsten Irlands sieht man sie tauchen. Trotzdem gelten sie seit 2015 als gefährdet.
Mein Papageitaucher ist auch gefährdet, durch Trübsinn, des fehlenden Felsens wegen. Und wahrhaft, was würde ich ihn gern schnitzen, diesen Wunschfelsen, aber erst, und da muss ich leider streng mit dir sein, liebe kleine Maike, erst wird geschuftet. Erst die Arbeit, dann der Felsen. Seufz.
(Und mindestens einen Kollegen braucht das Tier auch noch. Man ist ja als Papageitaucher kein Einzelgänger.)
Ersatzweise erst mal so – Papageitaucher-Horde inmitten von Radiergummistempelfischen (letztere zusammen mit dem Kind geschnitzt).
Der in Rauten befindliche Papageitaucher spaziert bei Frau Müllerins Muster-Mittwoch vorbei, die im Februar vornehm(lich) rautiert, und ich spaziere jetzt mal wieder zum wartenden Manuskript zurück, in dem zwar kein Papageitaucher vorkommt, dafür aber viel indisches Essen, das ist ja auch nicht nichts. Ihr Lieben, heute ist Mittwoch, die Mitte der Woche, was die Chancen auf ein Sams am Samstag erheblich erhöht, Daumen drücken, schön schuften oder faulenzen (was von beidem ist ganz egal, Hauptsache, ihr tuts aus vollem Herzen), mir fällt jetzt leider nix vertretenswert Prokrastinöses mehr ein, was heißt, ich muss jetzt wirklich an die Arbeit, grumpfgrumpf – habt noch eine schöne Woche!
(Fischrauten, sozusagen. Hihi.)
Centi sagte:
Oh, wie fein! Ich hätte die Viecher auch eher so in warme Gefilde verortet, weil… na ja, Papageien und so halt.
Die Fische sind allerdings auch sehr hübsch. ich glaube, Fischstempel muss ich mir auch mal basteln. Die braucht man ja meowe immer. 😉
klippspringer sagte:
Jajaja! Auf das Gummi, fertig, los – ich würde mich riesig freuen, Centifischstempel zu sehen!
Lutreolina crassicaudata sagte:
Ich muss ja bei solchen Posts – vor allem, wenn sie so schön geschrieben sind – immer mein Wissen auffrischen oder ein neues anlegen (was ich dann allerdings nach wenigen Tagen bereits wieder auffrischen müsste). So las ich eben, dass Papageitaucher sich vor allem von Sandaalen ernähren. Na? Bei wem hat es auch ungefähr zwei Sekunden gedauert, um zu realisieren, dass es sich dabei um Sand-Aale und nicht um tippfehlerbehaftetes Treibgut von über Bord gegangenen Kreuzfahrttouristen handelt?
So, weiterschuften, liebe Maike – also: Du. Ich habe mich heute mal fürs Faulenzen entschieden.
klippspringer sagte:
Ich habe es betrüblicher- und beunruhigenderweise sofort richtig gelesen und kann das nur damit entschuldigen, dass ich eigentlich (räusper) gerade arbeite und sozusagen im Nichtverlesemodus bin.
Ein Glück aber, dass es Sand-Aale sind, sonst wäre die Sache mit der Gefährdung nicht nur nachvollziehbar, sondern gewissermaßen auch unvermeidlich, unumkehrbar und mittelfristig vermutlich von sich dramatisch bis hin zum Ausgesterbe zuspitzender Natur. Weia, das wär doof!
Und doppelweia, jetzt muss ich wohl noch Sandalen stempelschnitzen, das ist ja ein unwiderstehliches Bild, wie das arme Vieh ratlos davorsteht, darüber das Motto: „Bindestriche retten Leben“ oder so. 😀
klippspringer sagte:
(Und das mit dem Faulenzen hab ich überlesen. So!
Lutreolina crassicaudata sagte:
Hihi. Du könntest natürlich auch einen Schwarm Sandaale stempelschnitzen und stempeln, dahinter Papageitaucher auf Beutezug mit den Worten: „Folgt den Sandaalen!“
klippspringer sagte:
Es riecht jedenfalls ganz nach einer Massenpapageientaucherkartenproduktion, au weia. 😀
Michaela sagte:
Ach wie schön, deine Islandgeschichte, die passt mir gerade in die Mittagspause und so fein geschnitzte Vögelchen und Fischlein, damit kriegst du mich! Ich bin begeistert und freue mich, dass du mitmusterst… hatten wir vor langer Zeit nicht schon mal Kontakt? Liebe sonnige Mittwochsgrüße und dicken Musterdank
Michaela
klippspringer sagte:
Jawohl – da habe ich meine mustergültigen Saurier bei Dir vorbeitrampeln lassen. Ich will so oft beim Mustermittwoch mitmachen und verschlurze es immer, aber jetzt, so im Stempelfieber, sehen wir uns bestimmt öfter, das taugt ja viel mehr zum Mustern als so Filzgetier. 😉
made with Blümchen sagte:
Ooooh, Island. Wir wollten da so gerne hin, letztes Jahr im Februar, und dann hat es nicht geklappt, aus mehreren Gründen. Ich, die ich in Erinnerungen an feucht-schwüle Tage in Amazonien schwelge (mir kann es normalerweise nicht heiß genug sein), bekomme glänzende Augen, wenn jemand „Island“ sagt/schreibt. Geht’s noch? Ich meine: Norden, kalt, dunkel, bäh!? Aber nein, jetzt bist du auch ein Island-Fan, irgendwie zieht’s mich da hin. Vielleicht auf eigenem Kiel, irgendwann.
Der Papageientaucher in der Raute ist wunderbar. Wie alle deine geschnitzten Stempel. (Zumindest die, die ich bisher bewundern durfte.)
Auf auf, es wird nicht mehr prokrastiniert, sondern literarisch in indischem Essen geschwelgt. (Und hier in ca. Hundert aufzuarbeitenden Visitenkarten und neuen Kontakten – eingeben, sortieren, mit Aufgaben verknüpfen, nachbereiten.) Mit Schwung gehen wir ins Ende der Woche. lg, Gabi
klippspringer sagte:
Visitenkarten und neue Kontakte guuut, gogogo!
Und Island: Tu das. Wirklich. Sie finden ja allmählich, dass Touristen stinken, deshalb ist es ein bisschen so ein kleiner Konflikt, aber es gibt ja sehr unterschiedliche Touristen, und ich glaube, welche von Deiner Sorte sind und bleiben willkommen. Und es würde mich sehr wundern, wenn sich Island Dir nicht auch unauslöschlich einbrennt, ich habe da so ein deutliches Gefühl, dass das ganz wunderbar passt.
ninakol. sagte:
Wie wunderschön wieder! Ja, Irland und Schottland ist auch die Heimat dieser wunderschönen Vögel, aber gesehen hab ich sie leider noch nie – diese Steilküsten sind ja auch nicht unbedingt für Menschen gemacht, eher für unglaublich viele Vögel
Bin auf den nächsten Stempel gespannt (gar nicht gierig)
Schöne Woche
Nina
klippspringer sagte:
Gierig ist gut! Ein altes isländisches Sprichwort, das ich mir gerade ausgedacht habe, lautet: „Stempelgier ist eine Zier“. Im Original reimt es sich allerdings nicht.
mano sagte:
papageientaucher gibts sogar in der bretagne, wir haben sie aber leider auch nur von ganz weitem gesehen, sozusagen als möwenschiss auf einem felsen… so erfreut mich deiner ganz besonders, ob mit oder ohne rauten, aber mit fischen immer gerne!
liebe grüße
mano
ps: stofffarben, auch in form von stempelkissen, in guter qualität gibt es bei „blauweißchen“: http://www.blauweisschen.de/index.html . ich hab mal einen post über sie geschrieben:
http://manoswelt.blogspot.de/2015/08/musterdruck-mit-modeln.html
klippspringer sagte:
Du allerprachtvollstes Geschöpf, dankeschön! Ich hatte mir schon vorgenommen, nachher das Internet zu durchforsten, aber bei einem Tipp von der Stempelqueen höchstpersönlich erübrigt sich ja jede weitere Recherche – da bestelle ich blind, mit geschlossenen Augen, schwarzer Augenbinde und völlig unverzagt.
In der Bretagne auch? Da fragt man sich ja wahrhaft allmählich nach dem Grund der Gefährdung – finden sie einander womöglich nicht, oder sind sie streng in der Frage, mit wem und mit wem nicht? Na, wer heute keine Stopffarbenstempelkissen recherchieren muss, der kann sich ja dafür ein bisschen dieser Frage widmen. 😉
Buntistschön sagte:
Wie akkurat Du diese Tierchen schnitzen kannst! Toll sehen die aus und nach Island möchte das Tochterkind auch so gerne mal reisen. Vielleicht begleiten wir sie einmal. Deine Eindrücke machen Lust dazu. Meine schwarze Stoffstempelfarbe ist von „Blauweißchen“. Mano hat’s gewußt, 🙂 aber dass es dort auch Stempelkissen gibt, wußte ich auch nicht 😉
LG, von Annette
Buntistschön sagte:
Ach ja, man kann die Farbe aber auch gut mit dem Schwämmchen auf den Stempel tupfen. 😉
Ulrike sagte:
Ganz super geschnitzt hast du das kleine Kerlchen! Ich mag die Papageientaucher auch so sehr, habe sie aber leider bisher nur auf Bildern gesehen.
LG Ulrike
muckelfuchs sagte:
Ach verdammt! Schon wieder verliebt! Und dabei ist es gar nichts Gefilztes. Dann scheint wohl alles aus deiner Hand Verliebungsgefahr in sich zu bergen… Was gucke ich denn auch immer wieder hier vorbei. Selbst Schuld, ich!
Liebste Grüße
Hannah