So, nu hab ich mal die ganze Stempelschnitzerei in Bildern festgehalten. Motiv: (dreibeinige) Ziege. Übrigens hat das Internet mir jüngst verraten, dass man diese Holz-Spielfiguren wohl auch „Animeeples“ nennt. Sherlock Holmes wäre begeistert von all dem vollkommen unnützen Wissen, das ich so anhäufe!
Fürs Stempelschnitzen lege ich mir immer erst mal in erreichbare Nähe:
- ein Motiv (nicht im kriminalistischen Sinne)
- eine Stempelplatte oder das, was davon übrig ist
- Bastelkleber OHNE Lösungsmittel (wichtig, sonst nach Tagen bis Wochen Stempelgeglitsche, furchtbar ekelhaft)
- ein Schnitzmesser
- einen frisch angespitzten ganz weichen Bleistft und einen eher harten (bevorzugt 5B (weich) und F (hart, aber nicht sehr) – die Stärke ist aber sicher Geschmackssache
- ein sehr scharfes Schnitzmesser mit ganz schmaler Keilklinge
- mein altes Schul-Linolmesser, schon bisschen stumpf und trotzdem oder gerade deshalb lebensgefährlich (wichtig daran: geeignet für großflächigeres Wegschnitzen, wird man sonst irre mit der schmalen Klinge)
- festes Dingsbums in scheußlicher Farbe, das bei meinem Plotter dabei war (Falzbein dürfte mindestens ebenso gut gehen)
- bisschen Papier (etwas größer als der Stempel-to-be – es schnitzt sich sehr angenehm, wenn das Stempelplattenstückchen beim Schnitzen auf einem Papierstück liegt, das sich mitdreht, wenn man das Stempelgummi dreht).
Für diese spezielle Sorte Stempel habe ich die ganzen Tiere, die ich als Stempel umsetzen möchte, einfach auf den Kopierer gelegt. Klingt nach einer ganz naheliegenden Idee und ist es auch, ich hab aber natürlich erst mal tausend kompliziertere und sehr lästige und im Ergebnis sehr unbefriedigende Umrisserhaschungsversuche unternommen, ehe ich auf das mit dem Kopieren kam. Heureka.
Jedenfalls: Gewünschtes Motiv aufzeichnen. Ich skizziere mit dem harten Bleistift und ziehe dann die Linien, die ich umsetzen will, mit dem weichen noch mal nach.
Dann schneide ich das Motiv aus, lege es mit der Skizzenseite nach unten auf das Stempelgummi und streiche fest mit dem hässlichen Dingsda in der scheußlichen Farbe darüber, um die Linien zu übertragen.
Taramtamtam!
Jetzt: schnitzen. Bei vergleichsweise einfachen Motiven (und auch bei den meisten anderen) erst mal rings um die Außenlinie – also nicht die Außenlinie weg, es sei denn, es soll ein Negativstempel werden, sondern haarscharf außen an der Außenlinie vorbei.
Ich versuche es gern in einem Rutsch, so wie beim Apfelschälen. Klappt aber nicht immer.
Danach kommen, wer hätte es gedacht, die Innenlinien. Und dann wird die Ziege ausgeweidet. Also, öh, das ganze Zeug weggeschnitzt, was man nicht braucht. (Und ja, da fehlt ein Foto vom Zwischenschritt, das muss wohl die Ziege gefressen haben).
Die Außenlinien noch mal vertiefen/breiter machen. Danach unbedingt das Ganze dicht vor eine Lampe halten. Ist völlig unnütz, sieht aber toll aus!
Die vertieften und verbreiterten Außenlinien machen es leichter, außen wegzunehmen, was nicht Ziege ist.
Man kann aber auch außen einfach alles vertiefen, man muss nicht die Silhouette ausschneiden. Ich mache das immer – in diesem Fall sowieso, klar, aber sonst auch, weil ich meine Stempel normalerweise nicht fest aufklebe, sondern immer nur zum Stempeln an eine durchsichtige Acrylpappe pömple. Dann sieht man viel besser, wohin man eigentlich gerade stempelt.
Fisselige Stellen lassen sich oft prima mit der Rundung des breiteren Messers einfach ausstechen.
Größere Stücke sammle ich. Daraus mache ich kleine Stempel oder Musterstempel, und das Kind hat seine Stempel neulich auch aus solchen Resten geschnitzt.
(Zugegeben – DIE Menge an Resten muss ich erst mal verarbeitet bekommen, uff.)
Gegenüberstellung. Zum Probestempeln klebe ich die Ziege noch nicht richtig fest, sondern nehme nur ein ganz kleines Stück doppelseitiges Klebeband dafür.
Dann kommt noch so lauter Kleinkram weg. Die Außenlinien habe ich hier noch ein bisschen korrigiert, das ist aber immer eine haarige Sache, und schnell hat man zu viel weggenommen.
Habe es mit der Eckigkeit ein bisschen übertrieben – Schafe sind rund, Ziegen eckig, das ist schon wahr, aber man muss eine Ziege trotzdem nicht ganz aus geometrischen Formen zusammenbasteln.
Special Effect bei solchen Animeeple-Stempeln (Anistamples? Hrhrhr): Man kann prima ein anderes Viech mit dem Stempel bestempeln. Allerdings, wenn man das Motiv nicht noch gespiegelt schnitzt, natürlich nur einseitig.
Da guckstu.
Ziegenstempel auf Holzweide. Fast schon ein bisschen Bullerbü!
Das Getier marschiert jetzt strammen Schrittes zum Creadienstag. Und frisst dort bestimmt alles kahl, also schnell hin, wer noch etwas sehen will!
Insel der Stille sagte:
So eine ausführliche Anleitung zum Ziegenstempel, wie wunderbar. Ich mag deine Stempel sehr. Allerdings bin ich schon beim Linoldruck zu Schulzeiten verzweifelt und fürchte, diesbezüglich muss ich leider passen. Da erfreue ich mich weiterhin dann an deinen wunderbaren Stempelkunstwerken, liebe Maike!
Liebe Grüße,
Sabine
klippspringer sagte:
Nina hat es schon geschrieben – Linoldruck ist wirklich was ganz anderes! Ich arbeite grundsätzlich viel lieber mit weichen, leicht zu bearbeitenden Malerialien (warum eigentlich? Hm. Aber es ist so. Wenn ich schuften will, miste ich einen Stall aus, aber zu bearbeitendes Material soll sich mir gern willig fügen), und Linoldruck fand ich zwar auch prima, aber die Ergebnisse sind so viel gröber, und es ist echt erheblich mehr Arbeit. Allerdings muss man erst mal ein bisschen investieren, nämlich in gutes Schnitzwerkzeug. Mit meinem ollen Linolschnitzwerkzeug aus der Schule bin ich ziemlich irre geworden, und toll waren die Ergebnisse nicht.
ninakol. sagte:
Hi!
Tolle Anleitung. Leider versagt das Linolschnitzzeug bei so feinen Linien, irgendwann muss ich mir auch so ein feines Werkzeug zulegen, selbst schleifen nützt da nichts, es ist durch die Kante zu unregelmässig, also bei mir. Dieses vorsichtige Abschneiden durch das breite Linolmesser finde ich zB. auch sehr nützlich. Mit dem Skalpell hinterher etwas wegnehmen ist da viel haariger.
Und @ Insel der Stille: Linoleum ist vie,l viel schwieriger, es ist ja viel härter, man muss immer von sich weg schnitzen, beim Gummi kann man wirklich langsam entlang dem Bleistiftstrich gehen und dabei das Material immer etwas drehen.
Liebe Grüsse
Nina
klippspringer sagte:
Das Werkzeug ist wirklich das A und O. Das macht einen so gewaltigen Unterschied, wie Tag und Nacht!
Ina sagte:
Du schreibst so witzig, ich musste immer schmunzeln…
Und du hast mir richtig Lust gemacht, auch endlich mit dem Stempelschnitzen anzufangen!
Liebe Grüße
Ina
klippspringer sagte:
Oh, das kann ich nur unbedingt unterstützen, Stempel kann man nie genug haben! Und es ist so toll, wenn man gern ein bestimmtes Motiv hätte … und es sich einfach selbst schnitzt. Dass das geht, erfüllt mich immer noch mit ehrfürchtigem Staunen.
made with Blümchen sagte:
Großartig, liebe Maike! Toooooll! Diese Schritt-für-Schritt Anleitung ist genau das, was mir noch gefehlt hat, um endlich die von Dir erhaltenen Stempelplatten für mein Oktober-Projekt anzuschneiden. Obwohl. Öh. Eigentlich sollte ich alles einpacken, in zwei Wochen siedeln wir… Vielleicht lass ich die Stempelsachen extra heraußen. lg, Gabi
klippspringer sagte:
In zwei Wochen schon? Liebe Güte!!! Ja, da muss das Stempelschnitzen verstehen, wenn es noch warten muss! Bei mir ist jetzt auch deadlinebedingt zwei Wochen lang alles so ein bisschen auf Sparflamme, aberrr dannnnnnn! Und irgendwann muss ich mich ja auch noch dem Häkeln stellen. 😉
Ich bin schon blitzgespannt auf Deine ersten Stempel!
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